Pornos, Internet-Sex, Sexsucht
Henrik P., 28 Jahre, aus Mönchengladbach: „Seit meiner Jugend guck ich Pornos. Jetzt bin ich in einer festen Beziehung und meine Frau hat gesehen, auch welchen Seiten ich mich da so im Internet herumtreibe. Sie will, dass ich damit aufhöre.“
Nicht jeder Mann hat Spaß an Sex-Bildern, nicht jeder Mann guckt gerne Pornos. Aber viele.
Auffallend ist, dass vor allem Männer betroffen sind, die generell die Tendenz haben, sich nicht ganz im Beziehungsleben ihrer Partnerschaft fallen lassen zu können. Immer bleiben sie ein bisschen auf Distanz; unangenehmen Themen und stressbeladenen Auseinandersetzungen mit der/m PartnerIn weichen sie gerne aus; lieber verzichten sie auf ihre eigene Bedürfnisse, Vorstellungen und Wünsche, als ihrer/m Frau/Mann auf gleicher Höhe entgegenzutreten – nicht nur im Sex, sondern in allen Bereichen des privaten Lebens.
Diese distanzierte Haltung praktizieren sie auch in ihrem Bilder-Sex: hier haben sie keine wirkliche Begegnung mit einer/m realen Frau/Mann, sondern ausschließlich mit dem Bild einer/s Frau/Mannes. In ihrem Kopf können sie sich so ihren erregenden Fantasien hingeben – ungestört von den Umständen, die ein sexueller Kontakt mit einem realen Menschen mit sich brächte.
Einerseits ist dieser Distanz-Sex also eine Vermeidungsstrategie vor den anstrengenden Aspekten zwischenmenschlicher Begegnung.
Andererseits bringt der Distanz-Sex einen Freiraum mit sich, zu dem die/der reale PartnerIn keinen Zugang hat: nur für sich und ausschließlich mit sich selber geht der Mann seinen sexuellen Bedürfnissen und seiner sexuellen Befriedigung nach – ein Bereich in seinem Leben, auf den sein/e Frau/Mann keinen Zugriff hat und auch nicht haben soll.
In den Gesprächen mit den betroffenen Männern zeigt sich, dass sie im Allgemeinen den Eindruck haben, in ihrer Partnerschaft und von ihrer/m PartnerIn ganz bzw. eindeutig zu viel vereinnahmt zu werden. Einerseits sind sie zwar bereit, sich für ihre Familie und ihre/m PartnerIn zu „opfern“, andererseits fehlt ihnen dadurch aber auch ein Bereich in ihrem Leben, der nur für sie ist. Diesen Raum holen sie sich durch ihren Rückzug in den Distanz-Sex.
Erfährt die/der PartnerIn von diesen erotische Eskapaden und verlangt - verständlicherweise - das ihr/sein Mann davon ablässt, so fühlen sich die Männer noch mehr bedrängt: „ Soll ich nun auch noch den letzten Rest an Freiheit, den ich habe, aufgeben?!“ und halten trotzig an ihrem Freiraum fest.
Dieser Kreislauf zwischen Einengungsgefühlen beim Mann und berechtigten Nähe-Bedürfnissen auf der Seite der/des Frau/Mannes führt über die Jahre zu einer Spirale, die unweigerlich die Partnerschaft zerstört.
Mit Hilfe einer kombinierten Paar- und Sexualtherapie ist es – soweit beide Partner dies engagiert wollen – möglich, innerhalb von 6 Monaten grundlegende Veränderungen zu bewirken, sodass dieser Kreislauf zum Erliegen kommen kann.