"Eifersucht - das Leid der Liebenden"
Heinz B., 50 Jahre, aus Heinsberg fragt: „ Sobald ich eine andere Frau nur angucke, wird meine Frau direkt eifersüchtig. Das ist doch nicht normal!“
Für viele Menschen stellt Eifersucht einen Gefühlszustand dar, den sie am liebsten sofort wieder los wären. Immer wiederkehrende quälende Gedanken, plötzliche Angstattacken oder ein beständiger Druck, der stark belastet: niemand möchte solche Zustände auf Dauer ertragen müssen. Entsprechen erwartet der/die Eifersüchtige von seinem/r PartnerIn, dass er/sie sofort und alles unternimmt, damit die Eifersucht ein Ende finden kann. Folgt der/die PartnerIn dieser Forderung nicht, so ist dies erneutes Öl auf das Feuer der Angst: „Da! Er liebt mich doch nicht!!“
Schaut man sich jedoch den Wortstamm von „Eifersucht“ an, so stoßen wir auf die Bedeutung „lieblicher Zorn“. Sollte sich also hinter diesem Quälgeist vielleicht doch eine konstruktive Botschaft verstecken? Ist das Signal Eifersucht eventuell ein Hinweis darauf, dass dringende Änderungen in der Partnerschaft notwendig geworden sind – also Eifersucht als Warnsignal und Appell, endlich aktiv zu werden?
Sehen wir einmal von der „krankhaften Eifersucht“ ab (die parallel zu psychiatrischen Erkrankungen auftritt), so gibt es 3 Grundsituationen, die eifersüchtig machen können:
1. Der/die PartnerIn flirtet und begehrt eine 3.Person und/oder verliebt sich in sie
Bisher haben Eifersüchtige in solchen Situationen – auch von Psychologen und Paartherapeuten – den Rat bekommen, das sie ihre Eifersucht überwinden müssten, sie sollten dem/r PartnerIn doch seinen/ihren Spaß gönnen lernen oder sich parallel auch jemanden Anderem zuwenden.
Das ist jedoch nicht mein Verständnis von Partnerschaft und paartherapeutischer Hilfe für betroffene Paare. Ich verstehe den/die Eifersüchtige/n vielmehr als jemanden, der/die etwas vermisst, was ihm/ihr eigentlich zusteht. Eifersucht also nicht etwa als „ungerechtfertigtes Besitzstreben“, sondern als Warnung „Achtung! Du bekommst von Deinem Partner etwas nicht, worauf Du in dieser Partnerschaft aber ein Anrecht hast!“. Denn: der/die PartnerIn wendet sich ja dem/r Dritten in einer Art und Intensität zu, wie er/sie sich eigentlich seinem/ihrem PartnerIn zuwenden sollte bzw. ihm dies versprochen hat: flirtend, begehrend, aufmerksam, zugewandt, verliebt – eben emotional intensiv.
Für mich als Paartherapeut heißt das, dass der/die PartnerIn hier mit einem/r Anderen das macht, was er mit seinem/ihrem eigenen PartnerIn nicht mehr oder nicht genug macht.
Und in diesem Fall ist doch eine gewisse Verärgerung – siehe „lieblicher Zorn“ – beim Partner angebracht.
Was in den Paargesprächen jedoch auch auffällt: die zu kurz kommenden PartnerInnen sind fast immer Menschen, die im Laufe der Jahre ihre Defizite in der Partnerschaft nicht oder nicht energisch genug angemeldet haben; es sind Menschen, die sich erst dann melden, wenn der/die PartnerIn sich jemanden Anderem zuwendet: erst im Vergleich mit einer real existierenden 3.Person kocht der Schmerz über den Verlust hoch und die Eifersucht rebelliert.
2. Der/die PartnerIn wendet sich keiner 3.Person zu, aber sein/ihre PartnerIn ist dennoch eifersüchtig
Auch bei dieser scheinbar unbegründeten Eifersucht hat es sich als sinnvoll erwiesen, erst einmal davon auszugehen, dass Eifersucht eben immer ein Hinweis darauf ist, dass wirklich etwas in der Partnerschaft nicht genug miteinander geteilt wird.
Wenn z.B. ein Mann sich plötzlich schweigsam von seiner Frau zurückzieht, denkt sie: “Da ist eine andere Frau im Spiel!“ Im Gespräch mit dem Mann erfahre ich dann oft, dass er seiner Frau wegen ihrer Rechthaberei und Nörgelei einfach nur aus dem Weg gehen möchte; oder das er so schweigsam geworden ist, weil er große Sorgen und Ängste hat, die er lieber mit sich alleine ausmachen möchte. Auch hier dient die Eifersucht der Frau als Hinweis: der Mann teilt seine Unzufriedenheit über seine Frau bzw. seine Sorgen nicht mit seiner Frau – er bringt etwas, was die Partnerschaft betrifft, nicht in die Partnerschaft ein. Gut also, wenn die Frau mit Unwille reagiert.
3. Der/die PartnerIn gibt genug in die Partnerschaft ein, der/die PartnerIn ist dennoch eifersüchtig
Auch hier ist die Eifersucht der Hinweis darauf, dass dem/der Betroffenen etwas fehlt – allerdings diesmal nicht vom Partner.
Vielmehr geht es in solchen Fällen darum, dass der Eifersüchtige sich emotional generell nicht gesättigt fühlt: er/sie ist mit seinem/ihrem Leben unzufrieden; oder beruflich fühlt er/sie sich an der verkehrten Stelle; oder im Umgang mit sich selber ist er7sie eher lieblos und nachlässig; usw.. Oft sind es auch ungestillte Bedürfnisse aus Kindheit und Jugend – immer aber hat der/die Betroffene bisher nicht energisch genug damit begonnen, von sich aus diesen emotionalen Hunger zu stillen. Lieber schiebt er/sie die Verantwortung dafür seinem/ihrer PartnerIn zu, der/die schnell überfordert ist.
Wie Sie sehen, ist Eifersucht immer(!) als ein Ruf zur Wachsamkeit und Reflektion zu verstehen. Insofern ist ein bisschen „lieblicher Zorn“ wichtig – er ist die Grundlage für die Aktivitäten und Verbesserungen, die aus der partnerschaftlichen Unzufriedenheit wieder hinaus führen können.